Wir sind da! - Politischer Aschermittwoch der Linken in Karlsruhe

Etwa 100 Personen kamen zum politischen Aschermittwoch der Karlsruher Linken in die Südstadt. Der gut gefüllte große Saal der Gaststätte “Wallhalla” in gedämpften Licht ließ eine gute stimmige Atmosphäre entstehen. Somit konnten die Zuhörer sich entspannt und gespannt auf die drei geplanten Reden einstimmen. Bis es los ging, konnte man sich an den üppig mit „linken” Informationsmaterial ausgestatteten Ständen eindecken und darin schmökern.

Kreissprecher Elwis Capece moderierte durch den Abend, wobei die politischen Reden mit musikalischen Beiträgen des Liedermachers Schlauch mit dem kleinen elektronischen Weltorchester ewo² unterhaltsam in den Redepausen verbunden wurden.

Als Erste sprach die Karlsruher Bundestagsabgeordnete Karin Binder, die sich glücklich zeigte, dass die Linken durch die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen endlich im Westen angekommen seien. „Wir sind da!”, meinte sie. Die Linke in Deutschland sei nicht mehr wegzudenken und schon gar nicht mehr wegzureden. CDU, SPD, Grüne und FDP hätten weiche Knie bekommen. Gespannt sei sie, wie Frau Ypsilanti in Hessen mit der FDP den Mindestlohn durchsetzen wolle. Doch warnte sie, vor allem auf die Bundestagsfraktion bezogen, dass die Linke eventuellen Machtgelüsten widerstehen müsse. Einer neuen Programmdiskussion bedarf es innerhalb der Linken, wobei die Meinungsbildung von unten nach oben führen müsse. Die Bundes- und Landespolitik müsse von den Orts- und Kreisverbänden beeinflusst sein. Der demokratische und soziale Staat, vom Grundgesetz garantiert, werde noch von den Linken verteidigt werden müssen, wenn sich andere Parteien schon in wesentlichen Teilen davon verabschiedet hätten. Nur eine Systemänderung könne auch einen wirklichen Politikwechsel herbeiführen. Der Aufschwung könne auch nicht unten angekommen sein, denn wenn er dies getan hätte, sei es auch kein Aufschwung mehr. Politisches Ziel sei, die Mehrheiten von CDU, SPD, Grüne und FDP zu knacken. „Irgendwie kriegen wir das schon hin”, meinte sie zum Ende ihrer Rede.

Der nächste Redner, Stadtrat Niko Fostiropoulos, legte seinen Schwerpunkt auf die soziale Lage der Stadt Karlsruhe sowie auf die seiner Meinung nach Unverhältnismäßigkeiten der Subventionspolitik der Stadt Karlsruhe. Wie könne es sein, dass die Stadt den Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden mit jährlich ca. 1,3 Mio € subventioniere, der nicht wirtschaftlich sei. Vom Städtischen Klinikum verlange man allerdings Rentabilität, die nur durch Personalabbau erreicht werden konnte. Ähnlich verhielte es sich bei der Messe Karlsruhe, die jährlich 13,2 Mio € Verluste mache, für die die Stadt aufkomme. Bei einem Wahlergebnis von 51 % wolle er sie gleich verkaufen. Er forderte auch, dass alle Kindergartenplätze und Kindertagesstätten kostenlos von der Stadt zur Verfügung gestellt werden müssen. Wenn Heilbronn dies könne, könne dies das reiche Karlsruhe erst recht oder noch besser. Er werde bei den nächsten Haushaltsberatungen entsprechende Anträge dazu stellen.

Weiterhin kritisierte er die Abschaffung des Karlsruher Passes, der jetzt nur noch für Kinder Gültigkeit hätte. Die Stadtverwaltung begründete dies unter anderem damit, dass der alte Karlsruher Pass zu teuer für die Stadt geworden sei, weil sich die Anzahl der Berechtigten stark erhöht hätte. Für Stadtrat Fostiropoulos ein eindeutiges Indiz, dass die Armut in Karlsruhe zunimmt. Hier kritisierte er vor allem SPD-Sozialbürgermeister Denecken und die SPD-Fraktion, die die Abschaffung befürwortet hätten.

Zur geplanten Untertunnelung der Kaiserstrasse und Kombilösung forderte er einen neuen dritten Bürgerentscheid, da sich die Berechnungsgrundlage verändert habe und von Bund und Land weniger Zuschüsse zu erwarten seien.

Nach den nächsten Kommunalwahlen erwarte er, dass die Linke in Fraktionsstärke in den Karlsruher Gemeinderat wieder einzieht und sie die linke Stuhlreihe für sich in Anspruch nehme. Wer die Sitze dabei verlöre, sei ihm egal.

Letzter Redner des Abends war der Europaabgeordnete Tobias Pflüger, dessen Schwerpunkte in der Außen- und Militärpolitik der EU sowie der Friedenspolitik liegen. Deutschland sei im Krieg. Man bekäme das nur in der Öffentlichkeit nicht so mit, weil der Krieg nicht auf deutschen Boden stattfände sondern weit entfernt, aber mit deutschen Soldaten. Die Quick Reaction Force, die in Nordafghanistan eingesetzt werden soll, sei kein Friedenseinsatz oder Friedenserhaltungeinsatz, sondern eindeutig ein Kriegseinsatz. Es sei für ihn auch nur eine Frage der Zeit, bis die Bundeswehr auch im Süden Afghanistans eingesetzt werde. Er beobachte, dass der Staat nach außen aggressiv, nach innen gegen Gegner der Kriegspolitik immer repressiver vorgehe. Für ihn gäbe es nur eine Konsequenz: Die Bundeswehr müsse raus aus Afghanistan, was mit großem Beifall quittiert wurde.

Zum Abschluss der Veranstaltung unterhielt das Kabarett “Kommando Sozialkräfte” noch die anwesenden Gäste.

(Leider nicht tagesaktuell, aber immerhin wochenaktuell.)

Geschrieben am 14. Februar 2008 von Swen Kraus /

Kommentare

  1. Welch wahrlich kritischer Beitrag. Kriegt nächstens die NPD genauso Hofberichterstattung? würg Mit Journalismus hat das jedenfalls nichts mehr zu tun.

    Felix · 23. Februar 2008, 09:59 · #

  2. Zitat Wikipedia:“Ein Bericht ist ein Text, der einen Sachverhalt oder eine Handlung objektiv schildert, ohne Wertungen des Autors zu enthalten.”
    Erst denken, dann reden, bzw. schreiben! Weitere Kommentar erübrigt sich. Und NPD mit Linke zu vergleichen, ist absurd!

    Swen Kraus · 23. Februar 2008, 10:16 · #

  3. @Felix: Daher ist das hier auch ein Stadtblog, keine Stadtzeitung.

    Beate · 24. Februar 2008, 13:14 · #

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