Weis(s)e Weihnacht

Trotz ein paar optimistischen Wettervorhersagen wurde der überwiegende Teil der Karlsruher über die Feiertage von der Sonne verwöhnt. Gut Wetter machen wollte auch die Karlsruher Medienlandschaft oder solche, die meinen uns einfachem Volk etwas mitteilen zu müssen.

von Gustav Heiner Zukunftsängste bei den Karlsruher macht ka-news.de aus. Mit einer Art psychologischer Online-Beratung versucht die Online-Tageszeitung für Karlsruhe mit "Hand aufs Herz" und der Weisheit "Das Glas ist nicht halb leer - es ist halb voll", die Lage im Jammertal zu verbessern. Und ruft zeitgleich im Stil des eigens neu erfundenen Lokaljournalismus das Ende des Selbstbedienungsland Deutschland aus. Zum Umdenken werden die Karlsruher von ka-news.de aufgerufen, doch an was sie dabei gedacht haben, verraten sie nicht. Vorsichtshalber, den vielleicht interessiert die Karlsruher Futurizing Society und Lean Governance überhaupt nicht. Egal. Den Glauben an sich selbst predigt ka-news.de, in dem sie den Verlust des Christbaums an Weihnachten mit der Bereicherung ihrer Online-Tageszeitung in der Karlsruher Medienlandschaft vergleicht. Nein, liebes ka-news.de-Team, auf Artikel wie "Ungewöhnliche Geräusche aus der Sauna" oder die tollen DVD-Tipps können wir überhaupt nicht verzichten. Das ist regionale Kompetenz, Lokaljournalismus in seiner Reinform. Die einst als Gegengewicht zur Karlsruher Meinungsrundschau BNN angetretene Spielwiese hat sich zu einem Kartoffelacker umgewandelt. Diesen Acker nicht bestellen, aber Saatgut sammeln will Hit 1 Radio indem sie die Badener zur Hilfe für Swasiland aufrufen. Wo bitte liegt Swasiland? Um das herauszufinden, kann ein Hörer des ehemaligen Hit Radio RTL gleich mit einem Reporter mitfliegen. Das Auswärtige Amt empfiehlt dem auserwählten Hörer, keine Fotografien von öffentliche Gebäude oder militärische Einrichtungen zu machen - das ist in Swasiland nämlich verboten. Und dort gibt es noch die Totestrafe. Nebenbei vergißt Hit 1 Radio fast, daß die Aktion eigentlich vom christlichen World Vision Deutschland e.V. gestartet wurde. Und die Schirmherrin, Prinzessin von Baden, das Projekt schon als Mitglied der Landessynode und aktive Vertreterin der badischen evangelischen Landeskirche beim Evangelischen Rundfunkdienst ERB unterstützt. Aber ist das ist ja auch nicht so wichtig. Das Königreich Swasiland ist im übrigen der zweitkleinste Staat in Afrika, nennt sich selber die "Schweiz" Afrikas und kann als einer der wenigen afrikanischen Staaten sogar auf ein eigenes Mobilfunknetz verweisen. Entwicklungspolitisch haben sich Deutschland und Swasiland im Jahr 2000 getrennt. Wie einfach es ist, sich politische Freunde zu machen, zeigt uns dagegen das Karlsruher Rote Kreuz. Kurz nach dem öffentlichen Mißverständis "Hilfesuchende müssen schon sagen, ob sie einen Notarzt brauchen", insziniert man für die Presse im Beisein von Bürgermeister Eidenmüller eine Kooperation mit der Karlsruher Feuerwehr. Bezeichnet diese als "wohl" erste ihrer Art in Baden-Württemberg und freut sich über die Selbstdarstellung im hauseigenen Online-Magazin mit unscharfen Pressebildern. Einen getrübten Blick scheinen auch die Durlacher, wenn es um Denkmalschutz geht, zu haben. Wie das Wochenblatt in seiner Online-Ausgabe berichtet, zollte ein Durlacher Bauherr der Mutter von Karlsruhe keinen Respekt und riß kurzerhand einen Teil der historischen Zwingermauer nieder. Während sich Günther Malisius als Vorsitzender des Freundeskreis Pfinzgau-Museums die Haare rauft, zeigen sich weder der Gemeindrat, noch der oberste Stadtkonservator wirklich besorgt um das historische Karlsruher Erbe. Sorgen machen müssen sich die Karlsruher Innenstadtverfechter aber allmählich über ihren "Märchenzauber". Volle Begeisterung bei den Karlsruhern über den Durlacher Weihnachtsmarkt, der dieses Jahr unter einem mittelalterlichen Motto stand. Enttäuschung dagegen vom City-Kinderplanschbecken alias Schlittschuhbahn und dem zweitgrößten Lebkuchenhaus, das eigentlich größtes sein wollte. Lautstark schrieben Karlsruher ihre Meinung zum "Märchenzauber" in den BNN nieder. Wenn die Scherenschnitte dies gewußt hätten, wären sie sicherlich etwas mehr in Erscheinung getreten. In den weihnachtlichen Kerzenschein treten wollte auch die Karlsruher SPD-Gemeindesratsfraktion mit der Forderung, die eventuellen Mehreinnahmen aus der Bundeskasse in Höhe von vier Millionen Euro solle für den Sozialplan verwendet werden. SPD-Fraktionschef Dr. Heinrich Maul will mit der Hälfte der ungewissen Mehreinnahmen den sozialen Frieden der Stadt Karlsruhe sichern. Etwas Sarkasmus bei einer 73 Millionen Euro Kreditaufnahme, die Karlsruhe für 2004 zu tragen hat. Herr Dr. Maul sollte sich nicht wundern, wenn seine Weihnachtsgeschenke im nächsten Jahr eine Nummer kleiner ausfallen. Sonst eine ganz normale Weihnacht, in Karlsruhe.

Geschrieben am 27. Dezember 2003 von Oliver N. /

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