Karte ab 60: Verdoppelung in fünf Jahren

Fenrich, zugleich Aufsichtsratsvoristzender des KVV, beglückwünschte gestern Frau Margot Müller-Vogt aus der Waldstadt, die die 30.000. Karte ab 60 bestellt hatte. Damit haben sich fünf Jahre nach Einführung der Karte ab 60 die Verkaufszahlen der Senioren-Jahreskarte, die im Volksmund liebevoll "Runzelkarte" genannt wird, glatt verdoppelt. Mit 15.000 Bestellungen wurde die verbundweit geltende Karte am 1. November 1998 auf Anregung des Karlsruher Stadtseniorenrates eingeführt. Der Einführung gingen lange Diskussionen in der Öffentlichkeit über das Für und Wider voraus. Die Karte ab 60 ist eine preisgünstige Jahreskarte für Senioren, die in allen Bahnen und Bussen des Karlsruher Verkehrsverbundes gilt. Der Einführungspreis betrug seinerzeit 40 DM, die monatlich vom Konto abgebucht wurden. Mit der Karte ab 60 können die Senioren im gesamten Verbundgebiet von Waghäusel bis Bühl, von Eppingen bis Bad Bergzabern beliebig oft fahren. Inzwischen kostet die Karte 24 Euro pro Monat. Das ist deutlich günstiger als die Umwelt-Jahreskarte, die für das Stadtgebiet 29,58 Euro im Abonnement kostet und als Netzkarte für das gesamte Verbundgebiet sogar 84,58 Euro. Die Umwelt-Jahreskarte für jedermann ist allerdings übertragbar, um Gegensatz zur Seniorenkarte, die personengebunden ist.

Die Senioren müssen die Karte fest für ein Jahr bestellen, danach kann die Karte monatlich gekündigt werden. Der ermäßigte Preis wird mit dem unterschiedlichen Mobilitätsverhalten der Senioren begründet. Sie haben nicht - wie Schüler oder Berufstätige - täglich den gleichen Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz und nutzen den Nahverkehr oft nur gelegentlich. Daher hatten vor Einführung des neuen Angebotes auch vergleichsweise wenige Senioren eine Jahreskarte des KVV. Nur 12% der heutigen Inhaber einer Karte ab 60 waren früher im Besitz einer "normalen" Jahreskarte. Damit wurde das Ziel, Gelegenheitsfahrer als Stammkunden für den Nahverkehr zu gewinnen, voll erreicht.

Heute, nach fünf Jahren, ist das Angebot nicht mehr wegzudenken, meint Gustav Betz, der Vorsitzende des Karlsruher Stadtseniorenrates und Vorkämpfer für die Karte ab 60. Jedes Jahr sind die Abozahlen um rund 20% gestiegen. Mit diesem Angebot haben wir viel für die Mobilität der älteren Menschen getan, so Betz. Aber auch die sozialen Kontakte hätte man mit dem Tarifangebot gefördert, meint Gustav Betz und verweist auf zahlreiche Gruppen in der Region, die teilweise wöchentlich einen Ausflug mit der Bahn oder dem Bus in die Umgebung unternehmen würden.

Auch Dieter Ludwig, der Geschäftsführer des KVV, ist mit der Nachfrageentwicklung hochzufrieden: Der break-even-point ist längst überschritten. Ludwig stellt klar, dass die Karte ab 60 kein "Sozialtarif" sei. Das Angebot sollte sich von Anfang an rechnen, dass heißt, aus der Zielgruppe der Senioren sollte unter dem Strich der Umsatz gesteigert werden. Dieses Ziel wurde erreicht. Für den KVV kommt es nun darauf an, so Ludwig, auch die "jungen Senioren", die mit den Rolling Stones und dem VW Käfer aufgewachsen sind, für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen. Die 60jährigen von heute verfügen überwiegend über Pkw und Führerschein. Das war vor 20 Jahren noch anders, weiß der KVV-Chef. Nach einer Untersuchung des Basler Instituts Prognos haben 66% der Senioren über 65 einen Führerschein, bei der Altersgruppe zwischen 60 und 65 Jahren sind es bereits 84% und bei der Gruppe der 55- bis 60-Jährigen gar 88%. Die Gruppe der "Muss-Kunden", die auf den Nahverkehr angewiesen sind, ist also auch bei der älteren Generation auf dem Rückzug. Ludwig: Neukunden können wir nur aus dem Kreis der Autofahrer gewinnen.

Übrigens: Der typische Besitzer einer Karte ab 60 ist weiblich, kommt aus Karlsruhe und ist 71 Jahre alt. 74% der Fahrgäste mit einer Karte ab 60 sind Frauen, 62% stammen aus der Stadt Karlsruhe und 71 Jahre beträgt das Durchschnittsalter aller Kunden mit einer Karte ab 60. Neukunden, die im vergangenen Jahr eine Seniorenkarte bestellt hatten, waren im Schnitt 66 Jahre alt. Dieter Ludwig hofft, das Durchschnittsalter der Neukunden noch senken zu können. Seine Rechnung ist einfach: Je früher jemand einsteigt, desto länger bleibt er uns als Kunde erhalten. Deshalb wolle man, so Ludwig, eine Kampagne zur Gewinnung von Neukunden starten. Ein Pilotprojekt läuft gerade in den Karlsruher Nachbargemeinden Pfinztal und Rheinstetten. Dort hat der KVV allen 60-Jährigen zum Geburtstag ein kostenloses Probeabo für einen Monat zur Verfügung gestellt. Wenn diese Aktion gut läuft, wird sie auf andere Gebiete im Verbundgebiet ausgedehnt, denn: Bei 30.000 Kunden muss noch nicht Schluss sein, meint der KVV-Geschäftsführer. (pm)

Geschrieben am 19. Februar 2004 von Beate P. /

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