Die Metamorphose des Computers beginnt in Karlsruhe

Der Startschuss für das 3-jährige Forschungsprojekt "CHIL - Computers in the Human Interaction Loop" fällt am 26. Januar beim Kickoff-Meeting in Karlsruhe. Bei diesem im 6. Rahmenprogramm durch die EU-geförderten Projekt mit einem Gesamtvolumen von ca. 24 Millionen Euro, will ein hochrangiges internationales Forscherteam aus Europa und den USA den Weg zu einem völlig neuen Umgang mit dem Computer freimachen. Aus dem PC soll ein intelligenter und sensibler Assistent des Menschen werden, der ihm bei seinen Arbeiten behilflich ist und sich dezent im Hintergrund den Anforderungen und Bedürfnissen seines Benutzers anzupassen vermag.

Die Uni Karlsruhe (Interactive Systems Labs der Informatik) und das Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung (IITB) Karlsruhe haben die Gesamtkoordination übernommen. War der Mensch bisher den Tücken und Kniffen der Bedienung seines Computers unterworfen und gezwungen, die vorhandenen Eingabewerkzeuge zu benutzen, so wird dieser Spieß nun rumgedreht. Der Computer soll die Kommunikationswerkzeuge des Menschen erlernen und sich zu einem „Persönlichen Assistenten“ weiter entwickeln, der die Interaktion zwischen Personen unterstützt. Neben sehen, hören, schreiben, lesen soll der Computer auch lernen, Gesten, Mimik oder Gefühle zu erkennen und zu verarbeiten. Eine ganze Reihe von Softwarelösungen, die zur Zeit noch in den Kinderschuhen stecken, müssen hierfür in den nächsten Jahren entwickelt und miteinander gekoppelt werden. Z. B. wollen die Forscher eine intelligente Spracherkennungssoftware erarbeiten, die automatisch Sitzungen protokolliert und darüber hinaus in der Lage sein wird, Kernaussagen und Zusammenhänge zu erkennen, eine Gliederung zu erstellen und Inhalte zu komprimieren. Das ist eine große Herausforderung, besonders wenn eine Sitzung zwischendurch mal in eine hitzige Diskussion zwischen den Teilnehmern entgleitet. Wir leben heute in einer mobilen Gesellschaft und jeder weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es sein kann, ein geschäftliches oder privates Treffen mit mehreren Teilnehmern zu organisieren. Hier sollen zukünftig "Connector Agenten" diese mühselige Aufgabe für uns erledigen und die anderen in den verschiedenen Netzen aufspüren, eine Verbindung herstellen und gleich einen Termin vereinbaren. Die "Connector Agenten" (das sind kleine, selbständig im Netz agierende Softwareprogramme) kennen die Situation Ihrer menschlichen Besitzer, können aus gemachten Erfahrungen lernen und passen sich im Lauf der Zeit von selbst an. In Zukunft brauchen wir auch keine Angst mehr vor Gedächtnislücken oder einem plötzlich entfallenen Namen zu haben. Ein weiterer Softwareagent, der "Memory Jog" wird uns hier mit noch umfassenderen Fähigkeiten zur Seite stehen. Dank Bild- und Spracherkennung kann er Menschen erkennen und mit bestimmten Informationen wie Name, Titel und Funktion verknüpfen. Nebenher kann er noch in Datenbanken recherchieren und uns so beispielsweise in einem Finanzgespräch mit den neuesten Börsenkursen oder Budgetzahlen versorgen. Die Lernfähigkeit des Programms wird die Treffsicherheit der Recherchen kontinuierlich verbessern und könnte diesen Agenten zu einem unverzichtbaren Begleiter für Konferenzen und Sitzungen machen. In diesem sehr visionären Projekt wollen die 15 Forschungspartner aus neun Ländern gemeinsam eine neue Ebene der Mensch-Maschine-Schnittstelle sowie neue Dienstleistungen entwickeln und auch die damit zusammen hängenden sozialen und ethischen Fragen beantworten.

Geschrieben am 24. Januar 2004 von Oliver N. /

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