Wahlkampfbeobachtungen (Teil 2)

Von Rohrkrepierern und Tellerrändern

Am 6. Januar veröffentlichte Europaabgeordneter Daniel Caspary (CDU) eine Pressemitteilung zur in Karlsruhe vieldiskutierten Nordtangente. Ein Europaabgeordneter nimmt Stellung zur Nordtangente. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ein Europaabgeordneter begibt sich auf die Niederungen der Kommunalpolitik. Schon allein das verwundert etwas, auch wenn der Wahlkreis des Herrn Caspary den ganzen Regierungsbezirk Karlsruhe umfasst. Aber noch mehr verwundert der Inhalt seiner Pressemitteilung zur Nordtangente. Die Karlsruher Entscheidungsträger sollten doch bezüglich Nordtangente den Landkreis kontaktieren. So, so, was er nicht sagt. Hat Herr Casapry auch Herrn Oberbürgermeister Schrempp (CDU) aus Rheinstetten aufgefordert erst einmal mit der Stadt Karlsruhe Kontakt aufzunehmen, bevor er das Edeka-Fleischwerk in der Nähe der Messe Karlsruhe hochziehen lassen will. Wohl kaum. Weiterhin kritisiert er die Karlsruher Grünen und die SPD, sie sollen über den Tellerrand der Stadt Karlsruhe hinauszuschauen, denn die Nordtangente ginge die gesamte Technologieregion etwas an und Karlsruhe solle endlich seiner Funktion als Oberzentrum nachkommen. Bei KIT, Stadion, Fleischwerk, U-Strab betreibe Karlsruhe Nabelschau und würde auf die Interessen der Region keine Rücksicht nehmen. Herr Caspary meint sicher nicht die Interessen der Region, sondern die Interessen der CDU. Dann hätte er Recht, so aber kann er nicht das Allgemeinvertretungsrecht für die Region für sich in Anspruch nehmen.

Aber inhaltlich ist es auch ganz einfach falsch, dass Karlsruhe Nabelschau betreiben würde. Nabelschau zu betreiben nur weil sein Parteifreund Oberbürgermeister Fenrich (CDU) der Universität/KIT das Wildparkstadion nicht überläßt, obwohl genug Erweiterungsflächen zur Verfügung stehen, eine Entscheidung zum Stadionumbau oder -neubau noch aussteht, das Fleischwerk ja doch kommt und die U-Strab den vielen Pendlern zu Gute kommt. Herr Caspary, diese Behauptungen sind Rohrkrepierer. Er müsste es doch eigentlich besser wissen. Sein Büroleiter in Stutensee, der Karlsruher Stadtrat Sven Maier (CDU) kann ihn sicher informieren, was Karlsruhe für die Region leistet und wie die Karlsruher Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat sind.

Man kann es ja verstehen, dass die CDU in Karlsruhe und in der Region nicht mit der Entwicklung zufrieden ist. Eine Partei, die seit ihrer Entstehung Wirtschaftspolitik unverändert so betreibt, indem Verkehrsinfrastruktur und Gewerbeflächenausweisungen als absolute Grundvoraussetzungen für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum für unverzichtbar gehalten werden, die Umweltbelange und Bürgerinteressen zwar zur Kenntnis genommen werden, aber letztlich doch keine Rolle spielen. Von so jemanden könnte man behaupten, dass er nicht über den Tellerand hinausschauen kann. Und zwar über seinen ideologischen.

Geschrieben am 14. Januar 2009 von Swen Kraus /

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