Meine Kulturhauptstadt: Ich bekenne mich schuldig.

Ich war vermessen, anmaßend und überheblich. Und ich gelobe Besserung. Es ist nämlich so: Die Stadt, in der ich wohne, will Kulturhauptstadt werden. Und ich - kaum wage ich, es niederzuschreiben - ich dachte, das hätte etwas mit mir zu tun... Mit mir, einer gemeinen KLEINkünstlerin! Es ist peinlich, ich weiß...

Von Andrea Reichert Aber seit der öffentlichen Präsentation der Kulturhauptstadt-Bewerbung am 6. April bin ich geheilt und eines Besseren belehrt. Ich habe meinen Platz unter dem normalen Fußvolk wieder gefunden und applaudiere fröhlich den Großen Geistern der Kulturhauptstadt-Bewerbung, die uns zeigen, wo's lang geht. Wer hat eigentlich je den Mist in die Welt gesetzt, dass Kunst und Kultur etwas miteinander zu tun haben? Was sollten KabarettistInnen, MusikerInnen und andere Spinner einer Stadt schon bringen? Es geht hier um den alles umfassenden kulturellen Begriff: "Recht". Denn wenn wir auch sonst nichts haben - Recht haben wir! Und das haben die Mitbewerber nicht. Ein Geniestreich! Und falls irgend jemand noch Mühe haben sollte, die Verbindung "Recht" und "Kultur" herzustellen, dem sei hier gesagt: Die Roben der Bundesrichter, die in Karlsruhe tagen, sind aus Vorhangstoff des Badischen Staatstheaters genäht. Na also! Noch Fragen? Und wie stolz ich darauf bin, dass ausgerechnet ein Schweizer Kollege uns diese Idee des Recht-Habens bringt! Sein außereuropäischer Blick auf Karlsruhe wird ganz bestimmt das Zünglein an der Waage der Jury sein. Und ich hätte schon fast meinen Schweizer Pass zurück gegeben... Und auch fürs Herz ist gesorgt. Denn wir haben ja die Eurokids! Wenn sie Luftballone in den Farben des Kulturhauptstadt-Logos in die Luft steigen lassen, wird auch das härteste Jurorenherz dahinschmelzen wie Butter in der Sonne. Und das - seien wir doch mal ehrlich - könnte keineR von uns Kleinen KünstlerInnen leisten. Ehrfürchtig senke ich mein Haupthaar und reiche den Mitwirkungsbogen demütig an meinen Nachbarn weiter. Vielleicht hat er ja das Glück, einen nicht-künstlerischen Beruf zu haben. Dann kann er auf dem Bogen ankreuzen, dass er mithelfen will. Wir KünstlerInnen sind verständlicherweise dafür nicht vorgesehen. Zu Tränen der Rührung hat mich dann noch der Mut der Bürgermeister gebracht, ausgerechnet uns anwesende KleinkünstlerInnen als Fotomodelle auszuwählen. So bekamen wir schließlich doch noch die Möglichkeit, unterstützend einzugreifen. Wir durften uns in Pose stellen, während die Großen Herren mit interessierten Gesichtern dynamisch auf uns einredeten. Kamerawirksam hörten sie uns zu, während die Fotografin eifrig bemüht war, die Szene von allen Seiten, die die Bürgermeister von vorne zeigte, abzulichten. Natürlich verstehe ich, dass die Herren sofort weiter mussten, als die Fotografin fertig war. Auf der Internetseite habe ich dann immerhin erfahren, dass ich wohl ein Teil der "facettenreichen Kulturszene" Karlsruhes bin - na dann werde ich mich mal dran machen, meine zerzausten Facetten wieder etwas zu ordnen. Und vielleicht wandere ich auch aus - nach Graz. Die waren schon Kulturhauptstadt... Ich glaub, mir wird ein bisschen schlecht, und das - so denke ich - mit Recht. ANDA - Kabarettistin, Autorin, Komikerin www.ANAundANDA.de

Geschrieben am 14. April 2004 von Oliver N. /

Kommentare

  1. Ich glaube leider du hast RECHT ich arbeite in der Stätischen Galerie als Aufsicht und mir ist sehr viel daran gelegen, mir RECHT wie ich meine den mein Arbeitsplatz solte doch erwas damit zu tun haben. Aber leider sieht es so aus das uns das Geld so weit gestrichen wurde, dass wir nicht mal genug Werbung für unsere Austellung machen können, ist das Recht wenn man Kulturhauptstadt weden will ??? Ich glaube ich solte Studiren vieleicht würde ich dan diese Politik verstehen. Habe ich überhaupt das Recht kritik an meinen Vorgesetzten zu üben, oder fehlt mir da das Recht????????????????????

    Gabriele · 21. August 2004, 10:13 · #

Kommentarfunktion für diesen Artikel geschlossen.