Finanzierungsspektakel Neue Messe Karlsruhe - Ein Däschawü

Die Förderung der Landesregierung zur Neuen Messe in Karlsruhe entspricht einem Anteil von 15 Prozent des Gesamtinvestitionsvolumen. Damit werde die Neue Messe zur "x-beliebigen Regionalmesse" heruntergestuft, empören sich die Karlsruher SPD-Landtagsabgeordneten Günter Fischer und Regina Schmidt-Kühner in diesen Tagen. Ist das was Neues zur Neuen Messe? Eigentlich nicht, es scheint unseren Lokalmatadoren so langsam das Publikum fernzubleiben - doch alte Kamellen werden nicht helfen.

Daß die Neue Messe Karlsruhe eine regionale Karlsruher Veranstaltung bleibt, war dem aufmerksamen Bürger eigentlich schon immer klar. Damit sich auch unsere Politiker wieder daran erinnern können, hier eine kleine Chronik. Die Grünen des Landkreises erkannten schon in der Haushaltsrede am 18.01.2001:
"Die geplanten oder im Bau befindlichen neuen Messegelände in Stuttgart, Friedrichshafen, Freiburg und Karlsruhe werden sich gegenseitig Konkurrenz machen und da die Aussteller nicht im gleichen Maße wie die Messeflächen zunehmen werden, wird ein Teil der Gebäude häufig leer stehen."
Am 16.02.2001 hielt die Karlsruher CDU-Fraktion unter Fraktionsvorsitzender Günther Rüssel die Zusage des baden-württembergischen Wirtschaftsminister Günther Oettinger fest:
"Günther Oettinger versicherte Rüssel, dass er persönlich dafür eintreten würde, dass die Mehrkosten ebenso mit einem 15-prozentigen Landeszuschuss finanziert werden, wie die bisher kalkulierten Kosten."
Ein Jahr später waren der CDU-Fraktion Karlsruhe dann 15 Prozent zu wenig und forderten am 22.1.2002:
"Die Stadtverwaltung der Stadt Karlsruhe fordert die Landesregierung Baden-Württemberg auf, die Bezuschussung der Neuen Messe Karlsruhe auf 25 Prozent der Gesamtsumme festzusetzen."
Sowie ein paar Tage später, am 01.02.2002, Dr. Heinrich Maul, Fraktionsvorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion Karlsruhe:
"..verhindert haben, dass der Neuen Messe in Karlsruhe aufgrund eines Antrags der SPD-Landtagsfraktion ein zusätzlicher Zuschuss von 10,2 Mio. Euro zur Verfügung gestellt wird."
Nach über einem Jahr kam dann der SPD-Fraktion Karlsruhe die Erkenntnis, dass die Zusage des Wirtschaftsminister Doering, über 15 Prozent Zuschuss doch noch eindeutig zu wenig sind und schrieb am 05.06.2002:
"Die SPD-Gemeinderatsfraktion kritisiert vehement die nun von der Landesregierung beschlossene Verteilung der Fördermittel für die Messen in Baden-Württemberg. Für Karlsruhe und seine Region ist es besonders schmerzlich, dass die Neue Messe Karlsruhe lediglich einen Landeszuschuss von 15 Prozent erhält."
"Erst gibt er ein Gutachten in Auftrag, das zum Ergebnis kommt, dass die Neue Messe Karlsruhe einen überregionalen Charakter hat und damit ein höherer Zuschuss gerechtfertigt ist."
Die Stadtoberhäupter von Karlsruhe legten am 16.01.2003 den Karlsruher Bürgern folgendes Papier auf den Tisch:
"Das empfohlene Finanzierungsmodell sieht vor, die erhöhten Gesamtkosten für die Neue Messe Karlsruhe in Höhe von 290,4 Millionen Mark über die bisherigen Gesellschaftereinlagen der kommunalen Gebietskörperschaften hinaus über Darlehensaufnahme zu finanzieren und in Anlehnung an die geänderten steuerlichen Abschreibungsmodalitäten die Gesamtlaufzeit auszudehnen."
"Die Gesellschafter erwarten darüber hinaus, dass sich auf Grund der gutachterlich untermauerten überregionalen Bedeutung der Neuen Messe Karlsruhe das Land über seine bisherigen Zuschüsse hinaus auch an den notwendig gewordenen Mehrkosten anteilig beteiligt."
Das Land hatte eine Zusage über 15 Prozent zum Subventionspark Neue Messe Karlsruhe gemacht. Nicht mehr, nicht weniger. Zusätzliche Gelder aus Stuttgart waren immer ein Wunschgedanke der Karlsruher Lokalmatadoren. Sie stützen sich auf ein Gutachten, dass der Neuen Messe Karlsruhe einen "überregionalen Charakter" gibt. Und weiter? Berechtigt das etwa dem Bürger weitere Millionen an Steuergelder aus der Tasche zu ziehen um städtische Subventionsparks und Prestigobjekte zu unterhalten? Staatliche Zuwendungen werden immer vom Steuerzahler und damit zu einem großen Teil von den Unternehmen finanziert. Im Auftrag der IHK Stuttgart hat das Institut für Weltwirtschaft in Kiel ein Gutachten erstellt, das die Subventionspolitik in Baden-Württemberg untersucht. Das Land zahlte im Jahr 2000 Finanzhilfen in Höhe von 7,5 Milliarden Mark. Die Kommunen gewährten weitere 6,5 Milliarden Mark. Rechnet man die Finanzhilfen der Europäischen Union, der Bundesregierung und der Bundesanstalt für Arbeit hinzu und addiert die Baden-Württemberg zurechenbaren Steuervergünstigungen, kommt man auf einen Betrag von 31 Milliarden Mark. Das ist mehr als die Hälfte der Ausgaben des Landes. Es ist die falsche Zeit, der falsche Ort um nach mehr Zuschüssen zu schreien. Auch wenn die Messe Stuttgart weitaus höhere Subventionen als die übrigen Messestandorte in Baden-Württemberg erhält. Noch einmal zur Erinnerung: Wir sind pleite. Wir sollten lieber darum kämpfen, dass so wenig Gelder wie nur möglich in öffentliche Subventionsparks fliessen. Oder wollen wir unseren Kindern einmal erzählen, dass wir ihre Renten in Messestandorte und Flughäfen investiert haben?

Geschrieben am 15. Januar 2004 von Oliver N. /

Kommentare

  1. Ich sehe das ähnlich. Wieso ist es nicht möglich diese regionalen Messen dem freien Markt zu übergeben? Wenn ein solcher Bedarf an Austellungsfläche existiert, dann ist es auch möglich diese privatwirtschaftliche zu Betreiben, ohne Millionen von Subventionen.

    Friedrich · 16. Januar 2004, 08:19 · #

  2. Also sind wir doch mal ehrlich. Was wäre den ohne dieses Polittheater? Dann hätten wir nichts mehr, das uns Tag für Tag so köstlich amüsiert. Da wird immer behauptet Karlsruhe sei eine Beamtenstadt. Ich bin für die Bewerbung zur Comedyhautpstadt 2010.

    Steffen · 16. Januar 2004, 19:41 · #

  3. Däschawü schreibt man Deja-vu (Französisch:Schon (einmal) gesehen) Bin ja bei sowas eigentlich nicht pingelich, aber mich hat es beinahe verissen als ich den Titel gelesen habe!

    Lustig · 12. März 2004, 15:46 · #

  4. @Lustig: Es hat gemundet? Danke ;-) Däschawü ist schon gewollt, badisch for Dummies.

    Gustav Heiner · 12. März 2004, 15:53 · #

  5. @Lustig: Noch richtiger ist: Déjà Vu ;)

    Beate · 12. März 2004, 16:18 · #

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