Kommunalwahlbeobachtungen 2014 (IV)

Morgen ist es soweit. Wahltag in Karlsruhe. Karlsruher Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen das Kommunalparlament neu zu wählen. Aber sind sie denn auch in den letzten Wochen gut darüber informiert worden? Die Parteien und Wählervereinigungen (WV) haben selbst wohl alles geleistet was ging. Quantitativ auf jeden Fall. Wahlplakate, Flyer, Internet und soziale Medien wurden bedient. Kein Wahlberechtigter kann behaupten, er wüsste nicht, was zu wählen sei und welche Themen in Karlsruhe gerade im Fokus sind.

Rolle der Medien

Aber welche Rolle spielten die Medien während des Kommunalwahlkampfes? Erinnern wir uns an den OB-Wahlkampf vor ca. 18 Monaten. Viele Podiumsdiskussionen der BNN, Boulevard Baden/Baden-TV und ka-news wurden veranstaltet. Lange Interviews und Porträts waren zu lesen. Und jetzt? Tote Hose. Hauptsächlich Bürgervereine und ein paar Initiativen veranstalteten Diskussionsrunden. Die Berichterstattung über den Wahlkampf war bestenfalls durchschnittlich. Die BNN berichtete oft nur über den Wahlkampf, wenn sich Politikprominenz aus Berlin oder Stuttgart ankündigte. KA-News versuchte wenigstens Vergleiche zwischen den Parteien in verschiedene Themengebiete darzustellen. Einen Überblick über alle Kandidaten kann man auch bekommen. Dazu wurden viele Pressemitteilungen der Parteien, Wählervereinigungen und Fraktionen veröffentlicht. Diese sind während des Wahlkampfes besonders häufig. Was da nicht alles gefordert, gewünscht und verlangt wurde. Klar, alles Politikprofis. Das Langzeitgedächtnis der Wähler ist nicht so ausgeprägt, als das man sich noch an Entscheidungen von vor vier Jahren erinnern könnte. Oder wer weiß noch, welche Partei wie zur umstrittenen Brötchentaste gestimmt hat? Da muss man schon das Kurzeitgedächtnis aktivieren. Die KAL hat einen PR-Artikel in der klappeauf bekommen und INKA hat komische Fragen gestellt, worauf es ernsthafte Antworten gab. Diese aber nicht alle Parteien und WVs beantworten durften oder wollten. Aha. So läuft das. Auf Baden-TV laufen Wahlwerbeclips, wobei bei einer Partei gleich noch ein redaktionelles Porträt eines Kandidaten im Anschluss läuft. Ein anderer Kandidat schenkt sich den Werbeclip für seine Partei und macht mit seinem Namen Werbung für sein Unternehmen.

Es gibt wichtige Themen in Karlsruhe, die einmal richtig in der Öffentlichkeit diskutiert gehörten. Finanzen zum Beispiel. Wie wollen die Karlsruher ihr Geld ausgeben und wo nicht? Wieso sind die städtischen GmbHs so hoch verschuldet, während der städtische Haushalt relativ gut da steht. Wie wollen die Karlsruher ihre Stadt in der Zukunft sehen? Wird die sympathische Stadt immer mehr und mehr zu einer vergleichbaren x-beliebigen Großstadt? Welche weiteren Konzepte gibt es in der Stadt um das weitere Bevölkerungswachstum stemmen zu können? Wie und wann wird das Problem der 2. Rheinbrücke endlich endgültig gelöst und sich nicht gegenseitig blockiert bis sich einer wie bei Mikado bewegt? Welche Stadtmarketingbausteine außerhalb der Spitzentechnologie sollte Karlsruhe im Wettbewerb der Städte noch in Betracht ziehen? Wie geht es mit den Slogan für Karlsruhe weiter nachdem „Baden in Ideen“ grandios durchgefallen ist? Wie sieht es mit der Transparenz der Stadtpolitik und der städtischen GmbHs aus? Es gibt seit OB Mentrups Amtsantritt leichte Verbesserungen, doch im Kern ist alles beim alten geblieben. Wann gibt es endlich über die Stadtgrenzen hinaus eine zielführende überschaubare Regionalpolitik? Kann das Baustellenmanagement der Kombilösung noch mehr verbessert werden? Wird das neue Wildparkstadion nur durch städtische Finanzierung wirklich kommen? Wieso kandidieren eigentlich so viele Personen sowohl für den Gemeinderat als auch für einen Ortschaftsrat? Welchen Einfluss hat die Vereinslobby auf die Stadtpolitik? Diese Themen und viele andere gehören vor einer Wahl in die Medien und dazu die Positionen der Parteien und WVs. Bei KA-News ist das nur bedingt gelungen. Der Gipfel der Nichtberichterstattung ist, dass trotz Co-Moderation des BNN-Lokalchefs bei einer Podiumsdiskussion darüber mit keiner Silbe in der selbigen berichtet wurde. Dafür aber im INKA, wobei das kein Bericht im eigentlichen Sinne war.
Das alles hätte man einmal diskutieren können. Aber „Gemüse für alle“ ist wichtiger!

Wichtig für die SPD scheint auch „ihr“ OB Mentrup zu sein. Wer SPD wählt, würde ihn stärken. Wieso stärken? Ist er denn schon so schwach nach gerade einmal etwas mehr als ein Jahr Amtsausübung? Die SPD scheint vergessen zu haben, dass Mentrup nur mit dem Wahlbündnis von SPD-Grüne-KAL (plus ein bisschen Piraten) ins Amt kam. Er kann also nur so stark sein oder werden, wie die betreffenden Parteien bei der Wahl abschneiden. Abgesehen davon, dass dies sowieso nur politische Theorie ist. Wechselnde Mehrheiten sind bei Abstimmungen üblich.

Auswahl wie nie

Elf Listen stehen zur Wahl, wobei zehn davon seriöse Kandidatenlisten sind. Die klassischen Parteien CDU, Grüne, SPD, FDP und Linke sowie Wählervereinigungen der KAL, FW und GfK, die Newcomer Piraten, AfD und die Satirepartei DiePartei. Wer da nichts findet, ist selbst schuld. Alles wird abgedeckt. Von Rechtsaußen AfD bis Linksaußen Die Linke. Wer damit nichts anfangen kann, kann zwischen drei Wählervereinigungen wählen. Einer christlich orientierten (GfK), einer sozial-umweltschutzorientierten (KAL) und einer eher wertkonservativen (FW).

Die Frage grundsätzlich ist: Braucht Karlsruhe noch mehr Parteien im Gemeinderat? Können nicht schon jetzt acht verschiedene Gruppierungen alle politischen Richtungen und Gesellschaftsbereiche abdecken? Oder anders herum gefragt: Hat die GfK, die bei der letzten Wahl mit einem Sitz in den Gemeinderat zog so viel Mehrwert in den Gemeinderat gebracht? Und wenn ja, welchen? Oder braucht der neue Gemeinderat die AfD, die vielleicht aus europapolitischer und bundespolitischer Sicht ihre Berechtigung haben mag? Aber was will sie mit ihrem Gründungsmythos im Karlsruher Gemeinderat? Müsste sie dann nicht AfKA heißen?

Große Ergebnisverwerfungen wird es bis auf ein oder zwei Ausnahmen wohl nicht geben. Die können aber für manche entscheidend sein. Der Fraktionsstatus ist wichtig. Ob auch selbst die FDP darum zittern muss? Mit Händen und Füßen versucht sie das Ruder noch herum zu reißen. Einige Wandzeitungen auf dem Friedrichsplatz sollen dabei helfen. Was das mögliche Wahldebakel der FDP sein könnte, könnte der Aufstieg der AfD werden. Davor graut es vielen, wenn man sich umhört. Wenn sie auch nur einen Teil der Umfragewerte auf Europaebene erzielt, ist sie fett im Geschäft dabei.

Ein Wahlkampf mit großartig politischen Auseinandersetzungen gab es nicht. Noch nicht einmal der Streit um die neue Papiertonne oder die 2. Rheinbrücke spielten die große Rolle. Vielleicht geht es Karlsruhe auch zu gut und viele sind bis auf Kleinigkeiten mehr oder weniger zufrieden. Auch die Kombilösung steht nicht mehr zur Disposition wie noch vor fünf Jahren. Es war ein ruhiger Wahlkampf der Karlsruhe entspricht.

Geschrieben am 24. Mai 2014 von Swen Kraus /

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