Rezension „Im Wildpark“

Am Montag Abend wurde im Kap das neue Buch „Im Wildpark“ von Christian Pfefferle, Jens Fischer und Matthias Dreisigacker vorgestellt.

Dirk Böhme hat uns dazu eine Rezension zukommen lassen, vielen Dank!


„Gehsch naus?“ fragt der gemeine Karlsruher seit jeher, wenn er sich nach den Wochenendplänen fußballinteressierter Freunde erkundigt. Mit „naus“ ist natürlich stets nur der Wildpark gemeint, jener traditionsreiche Ort, an dem der Karlsruher SC (bzw sein Vorgänger FC Phönix) seit fast 90 Jahren seine Heimspiele austrägt. Wie in vielen anderen kleinen bis mittelgroßen Städten ist die Identifikation der Karlsruher mit „ihrem“ KSC groß; abhängig vom aktuellen Tabellenplatz sind die euphorischen Blau-Weiß-Schalträger gegenüber den „Bruddlern“ (karlsruherisch für Nörgler) in der Überzahl – oder eben umgekehrt.
Mit „Im Wildpark“ veröffentlichen nun die drei (teilweise Exil-)Karlsruher Matthias Dreisigacker, Jens Fischer und Christian Pfefferle, die den KSC seit frühester Jugend durch dick und vor allem dünn begleiten, einen wunderschönen Bildband, der viele Geschichten rund um das Wildparkstadion (wieder-)erzählt. Anders als in dem regelmäßig erscheinenden hervorragenden Magazin „Auf, ihr Helden!“, das Dreisigacker und Pfefferle herausgeben, stehen in den über 150 Abbildungen und zahlreichen Texten hier nicht die Spieler oder Vereinsoberen im Mittelpunkt, sondern die Menschen, die ihrem KSC seit Jahren und Jahrzehnten die Treue halten und selbst bei nasskalter Witterung zu Spielen pilgern, auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines Sieges gering sein mag. Da KSC-Fans trotz niedriger Erwartungshaltung auf Enttäuschungen vorbereitet sind, herrscht dennoch vor fast jedem Heimspiel eine sehr angenehme, entspannte Atmosphäre. „Im Wildpark“ bildet diese Atmosphäre wunderbar ab.

Kuttenfans wie direkt aus den späten 70er Jahren sind hier ebenso dokumentiert wie die Familienfreundlichkeit seit Mitte der 90er, der auch die bittere Regionalligazeit oder die Tristesse der Zweitligajahre nichts anhaben konnten. Ob Fan oder ehrenamtliche Helfer: Diese Menschen sind es, die den KSC am Leben halten.

Die zahlreichen „urigen“ (=baufälligen) Ecken, die der echte Fan eigentlich gar nicht missen möchte, findet man ebenfalls wieder. An die unorganisierten Würstchen- und Bierstände oder das vor allem bei Spielern berüchtigte Trainingsgelände etwa wird man sich, wenn das Wildparkstadion in 50 (?) Jahren längst modernisiert oder – Gott bewahre – abgerissen sein wird, ganz bestimmt ebenso gerne erinnern wie an das dufte Niveau der sanitären Anlagen. Denn es ist nun mal auch der provinzielle Mief, der die Karlsruher mit dieser Sportanlage so verbindet.
„Im Wildpark“ beweist, dass es für das diffuse Gefühl der Geborgenheit, das man empfindet, wenn man „naus“ geht, eine Geschichte gibt, und dass viele Menschen seit Jahrzehnten dieses Gefühl teilen.

Dirk Böhme, 21.11.09

Christian Pfefferle / Jens Fischer / Matthias Dreisigacker
„Im Wildpark“
Bildband, 160 Seiten, 155 Abbildungen, Texte
Verlag „Block Eins“
21€

Geschrieben am 25. November 2009 von Beate P. /

Kommentare

  1. Ich bin einmal so frei und ergänze diese schön geschriebene Rezension um einen passenden Link ;-)
    VerlagBlock1

    Stefko · 25. November 2009, 11:22 · #

  2. Auch bei “Gelb-Rot-Gelb” gibt es einen Beitrag zum Thema .

    ThomasG · 27. November 2009, 11:16 · #

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