Gotec: "Clubkultur braucht öffentliche Unterstützung"

Das Gotec Kulturhaus, einer der führenden programmatisch geführten Clubs in Karlsruhe mit Schwerpunkt elektronischer Musik, meldet sich in der Öffentlichkeit zu Wort, um in der allgemeinen Kulturdebatte einen Beitrag aus seiner Sicht als privatwirtschaftlich geführter Club abzugeben.

Kurze Historie des Gotec Kulturhauses

Das Gotec Kulturhaus in Karlsruhe wird seit dem Jahr 2000 von der Schäfer-Rappold-Zimmermann-GbR rein privatwirtschaftlich betrieben und beherbergt auf 550qm in 2 Räumen eine regionale Kulturplattform für verschiedene Kultursparten und Szenen. An Samstagen liegt der Schwerpunkt auf elektronischer Clubmusik, an den Freitagen erhalten verschiedene regionale Szenen ihre feste Plattform. Jährlich werden ca. 5-7 Ausstellungen durchgeführt, sowie monatlich ca. 20 Events. Es strömen 35.000 Besucher jährlich in die Gablonzerstr. 11 und das nicht nur aus Karlsruhe, sondern aus der gesamten Region. Bis zum Jahr 2006 beherbergte das Gotec auf einer Gesamtfläche von knapp 2.000qm ca. 25 Untermieter für Büros, Ateliers, Band-Probenräume und einen zusätzlichen Kurs- und Tanzraum zur flexiblen Anmietung. Im Jahr 2004 wurde das Gotec mit dem Ba.-Wü. Club-Award „innovative Idee für Clubkultur“ ausgezeichnet.

Kulturelles Konzept des Gotec Kulturhauses

Zu Beginn hatte man in der Gablonzerstr. 11 eine Heimat gefunden und diese in mühevoller Kleinarbeit immer weiter ausgestattet. Jegliche Auflagen und bauliche Maßnahmen wurden durch das Gotec als Mieter finanziert und durchgeführt.
Die Basis war immer eine gesunde Mischkalkulation: Erfolgreiche Party-Veranstaltungen sollten es ermöglichen auch „nicht-lukrative“ Events durchzuführen, um so lokalen Szenen und Aktiven eine Plattform bieten zu können. Das gleiche gilt für die Schaffung zusätzlicher Flächen für Künstler/-innen und Bands: Günstige Weitervermietung von Büros, Ateliers und Proberäumen, mit geringem Mietaufschlag um dadurch eine möglichst geringe Mietbelastung für die Clubflächen zu erreichen.
Das Gotec Kulturhaus ist seinem Motto treu geblieben und hat sich stetig weiterentwickelt. Wer das Gotec kennt oder schon öfters dort war, der weiß sehr genau, dass sich die Räume und Atmosphäre immer wieder verändern und sich den verschiedenen Events anpasst. Deshalb wurde auch das Chamäleon zum Maskottchen, da es die Wandelbarkeit und Flexibilität ausdrückt.

Keine Entwicklungsmöglichkeiten in der Gablonzerstr.

Am derzeitigen Standort sind aus diversen Gründen keine Entwicklungen mehr möglich. Die Räume wurden zwar durch das Gotec ausgebaut und modernisiert, dies spielt jedoch für den Vermieter keine Rolle. Im Jahr 2007 kam die Kündigung zum Jahr 2008 mit der Möglichkeit einen neuen Mietvertrag abzuschließen: Alle Nebenflächen fielen an den Vermieter zurück, so dass das Gotec Kulturhaus keine Mieteinnahmen mehr erwirtschaften kann und die Flächen des Clubs wurden mit 40% Mieterhöhung belegt! Dies stellt momentan die aktuelle Mietvereinbarung dar, die wiederum auf Ende diesen Jahres durch den Vermieter gekündigt wurde. Der neue Mietvertrag ist bereits vereinbart: Es ging erneut um eine höhere Mietzahlung.

Neuer Standort gesucht

Unter anderem aus diesen Gründen ist das Gotec Kulturhaus bereits seit 2 Jahren auf der Suche nach einem neuen Standort, was natürlich nicht ganz einfach ist. Schließlich wird nicht nur nach einer geeigneten Gastronomie- und Clubstätte gesucht, sondern eben auch nach adäquaten Nebenflächen für Büros, Ateliers und Band-Probenräumen. Das Amt für Wirtschaftsförderung wurde bereits frühzeitig eingebunden und im Frühjahr diesen Jahres auch über die Dringlichkeit informiert.

Schwierige Rahmenbedingungen der Clubkultur

Die Gastronomiebranche ist ganz allgemein einigen Herausforderungen ausgesetzt und an manchen Stellen sehr „gebeutelt“, Stichwort MwSt.-Erhöhung und Nichtraucherschutzgesetz. In Karlsruhe stellt sich auch die Sperrzeitsituation für Clubbetreiber als schwierig dar. Es ist nun einmal Fakt, dass sich das Ausgehverhalten geändert hat und das Publikum nicht vor 23, 24 Uhr in einen Club geht. Die Sperrzeit beginnt um 5 Uhr, so dass über den Monat verteilt gerade mal 15-20 Stunden (für Samstage) zur Verfügung stehen, um dem gestiegenen Kostendruck entgegenzutreten. Da verwundert es nicht, dass so mancher ums Überleben kämpft, zumindest wenn man sich dafür entschieden hat, diese öffentlichen Auflagen einzuhalten.

Im Übrigen hat das Land Rheinland-Pfalz, bereits seit einiger Zeit die Sperrzeit den Kommunen freigestellt, so dass in bestimmten Städten, in unserer unmittelbaren Nachbarschaft keine Sperrzeit mehr besteht! Das führt natürlich des öfteren zu Verwirrung bei den Gästen, da diese zunächst nicht ersehen können, warum manche Clubs um 05 Uhr schließen (müssen) und andere nicht!

Es wurde bereits an einigen Stellen angesprochen, dass auch die Situation im Bereich Werbung / Plakatierung nicht sehr einfach ist, da man als „privatwirtschaftlich“ betriebener Club, keine öffentlichen Plakatierstellen in Karlsruhe erhält. Um so mehr verwundert es, wenn dann gewisse Veranstaltungen immer wieder offensichtlich ohne Genehmigung plakatiert werden und dies scheinbar keine Folgen hat.

Keinerlei Erwähnung der Clubkultur im Kulturwirtschaftsbericht

Im Frühjahr diesen Jahres erschien der Kulturwirtschaftsbericht für die Stadt Karlsruhe aus dem Jahr 2007. Liest man diesen aufmerksam durch, ergeben sich u.a. drei Punkte die Entwicklungspotenzial haben in Bezug auf die Publikumsströme in Karlsruher Kultureinrichtungen: Die Quote an auswärtigem Publikum, der Anteil an Frauen und die Zufriedenheit unter Jugendlichen bzw. der bis-25-jährigen könnten teilweise erhöht werden.
Im Gotec Kulturhaus bewegen sich an manchen Events bis zu 70% an auswärtigem Publikum, der Anteil von Frauen liegt sehr oft (je nach Veranstaltung) bei mind. 50% und die Zufriedenheit unter den Jugendlichen / jungen Erwachsenen ist sehr gut. Die Beschäftigungszahlen im Gotec steigen stetig an, auch wenn es sich überwiegend um Nebenjobs auf Minijob-Basis handelt.
Im Jahr 2000 war es nicht möglich, bestimmte bekannte Musiker/-innen aus dem elektronischen Musikbereich hier in Karlsruhe zu erleben, dies hat sich mit Bestehen des Gotec Kulturhauses zunehmend geändert und so haben wir mittlerweile regelmäßig international bekannte Djs hier in unserer Stadt.
Somit ist es wohl keinesfalls zu hoch gegriffen, wenn man feststellt, dass auch das Gotec Kulturhaus ein regionaler Standortfaktor für die Stadt darstellt.

Clubkultur braucht öffentliche Unterstützung

Eines möchte das Gotec ganz deutlich darlegen: Es ist nicht interessiert an einer dauerhaften, finanziellen Unterstützung durch die öffentliche Hand! Es sieht sich selbst als „Gastspielhaus“ an, was sich selbst finanzieren sollte und hat aus diesem Grunde kein Interesse an öffentlichen Mitteln.

Jedoch sieht es massive Unterstützungsmöglichkeiten durch öffentliche Stellen außerhalb der klassischen finanziellen Unterstützung: Klare Regelungen und Transparenz in verschiedenen Bereichen wie z.B. von Plakatiermöglichkeiten oder Sperrzeitregelungen, würden hier schon einiges bewegen!
Aber auch der echte Wille zur Hilfe und zeitnahes Handeln würden sehr weiterhelfen, wie z.B. die eindeutige Klärung wichtiger Sachverhalte (wieder das Stichwort Plakatierung, was wohl schon mehrere Jahre immer wieder „auf der Tagesordnung“ steht).
Es gibt bisher kein klares Immobilienmanagement, vor allem im Bereich der Gewerbe-Immobilien und es gibt große Unsicherheiten im Bereich der Genehmigungsverfahren: Welche Nutzungsart in welchen Gebieten ist überhaupt möglich? Was heißt es, wenn lt. Entscheidung vom Gemeinderat keine Vergnügungsstätten in Gewerbegebieten möglich sind? Sollen Gastronomien und Tanz-Gaststätten nur noch in der Innenstadt oder gar in „Wohngebieten“ ansässig sein?

Keine Spielräume mehr für kleine Kultursparten

Gewisse Veranstaltungen oder Eventreihen werden nicht mehr stattfinden können. Wenn z.B. ein „Live-Rock“ mit regionalen Bands nicht mehr durchgeführt wird, so liegt dies an dem einfachen Grund, dass es finanziell nicht mehr möglich ist, da dieser Event zu kostenintensiv ist und nicht refinanziert werden kann. Dasselbe gilt für bestimmte bookings: Wenn die Gefahr besteht den break-even nicht zu erreichen, wird in 2009 eben jenes booking nicht gemacht werden können. Ein Beispiel: Es kommen 120 Pers. zu „Consoul/AcidPauli“ (elektronischer Live-Act), die uns total glücklich auf die Schulter klopfen, mit dem Kommentar: „Danke Leute für dieses booking, schon lange nicht mehr so tolle Musik gehört!“ Jedoch liegt der Break-Even bei einem solchen Event bei 200 Personen!

Fazit: Clubkultur ist mehr als Disco

Die Stadt rühmt sich immer Ihrer kulturellen Vielfalt, keine andere Stadt vergleichbarer Größe hätte so ein großes kulturelles Angebot wie Karlsruhe. Soweit so gut. Aber unterstützt die Stadt alle Kulturträger in gleicher Weise wie sie es von ihrer Bedeutung verdient hätten? Wohl kaum. Der Aufschrei der Kulturpolitiker in Karlsruhe ist groß, wenn bei der bezuschussten Kultur Probleme auftreten. So vor kurzem beim Kulturzentrum Tempel geschehen. Der Grund ist klar, einerseits durch das gute Kulturangebot und andererseits natürlich weil Geld der Stadt in dieses Kulturzentrum investiert wird. Das Gotec, ausser von sehr kleinen städtischen Projektzuschüssen abgesehen, bekam nie einen Investitonszuschuss. Kann es auch nicht, weil gemeinnützige Kulturvereine und kulturell privatwirtschafltiche Unternehmungen unterschiedlich in ihrer öffentlichen Unterstützungsform bewertet werden. Aber was hat die Stadt denn überhaupt schon für die Clubkultur in Karlsruhe getan? „Sicheres Nightlife“ der City-Initiative Karlsruhe, mehr fällt einem nicht ein. Der Schlüssel zum veränderten Denken der Stadt, der Kulturpolitiker kann nur darin liegen, dass endlich Clubkultur als Kulturbeitrag, wie jeder andere angesehen wird. Wenn dies geschehen würde, wäre das der erste Schritt in die richtige Richtung. Denn programmatisch geführte Clubkultur ist mehr als Disco!

Geschrieben am 5. Dezember 2008 von Swen Kraus /

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